Von Menschen und Pflichten in Zeiten des Digitalen
Eine dreitägige Expedition für Digitalen Humanismus liegt hinter uns. Das Forum Humanismus Wilhering hatte geladen und viele folgten dem Ruf nach mehr Menschlichkeit im Digitalen.
Freitag: Feierliche Eröffnung in der Stiftskirche
Am Freitag, den 23.9.2022, zur Tagnachtgleiche trafen sich Gäste und Expeditionsteilnehmer:innen zur Synchronisation. Es war ein gemeinsames Einstimmen auf die kommenden Tage mit einer feierlichen Eröffnung in der Stiftskirche Wilhering, einer der bedeutendsten Sakralbauten des Rokokos. Die eindringlichen Reden würden stimmungsvoll von Orgel- und Harfenmusik umrahmt.
Begrüßung und Vorstellung der Initiative
Die Initiatoren der Plattform „Forum Humanismus Wilhering“ vertreten durch Abt Reinhold Dessl und den Bürgermeister der Marktgemeinde Wilhering Mario Mühlböck begrüßten die Mitfeiernden. Ebenso Chris Müller, damals künstlerischer Leiter der Tabakfabrik Linz und engagierter Dienstleister unserer Initiative.
Impuls von Bischof Dr. Manfred Scheuer
Im Anschluss teilte Bischof Dr. Manfred Scheuer mit den Gästen einen Impuls „Von der Würde und vom Elend des Menschen“. Er wies auf die positiven Wirkungen der digitalen Revolution hin, zeigte aber auch die negativen Seiten auf. „Der Mensch als weltoffenes und kommunikatives Wesen, erfahre durch Technologie eine kreative und kulturelle Verarmung…“, so Scheuer.
Rede von Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber
Der Theologe und Mediziner zeichnete ein Bild der Dystopie, das ohne Einbindung des Humanismus in die digitale Welt für ihn zur Realität werden könnte. Im Fokus stand das Entstehen einer inversen Demokratie, bei der Algorithmen und soziale Medien unsere Meinungen bilden; ein neuer Klerus, der Dataismus, der Lebensentscheidungen für uns trifft und unseren Alltag lenkt. Und die neue Koalition der High-Tech-Riesen, die Forschung und Daten für ihre Vorhaben nutzen und sogar dem Tod trotzen könnten.
Im Anschluss folgten die Gäste der Einladung zu einem gemeinsamen Ausklang, wo das Gehörte hinterfrag und diskutiert wurde.
Samstag: Aufbruch des Expeditionsteams
Samstagfrüh fand sich das geladene, Dreißigköpfige Expeditionsteam im Benediktsaal des Stiftes zum ersten Morgenmahl ein. Menschen aus unterschiedlichen Bereichen; aus der Politik, der Kirche, der Bildung, der Wissenschaft sowie Journalist:innen und Schüler:innen trafen hier mit einer gemeinsamen Mission für den Tag aufeinander.
Keynote von Katzmair in den Katakomben
Danach startete die Expedition mit einer Keynote von Harald Katzmair, Philosoph und Netzwerkanalyst in den Katakomben des Stiftes. Dort, wo einst die Erbauer des Stiftes das Fundament für das sakrale Bauwerk schufen, appellierte Katzmair dafür ein Wertefundament zu schaffen, dass die Digitalisierung in einem humanistischen Rahmen betrachtet.
Drack-Furch sprach in der Totenkammer über Transformation
Psychologin Andrea Drack-Furch hielt in der Totenkammer des Stifts einen Impuls zum Thema „Digitale Transformation“; Sie betrachtete die Sterblichkeit und das Vergängliche im Spannungsfeld der Digitalisierung.
Impulse von Bertram und Haas in der Chorkappelle
Eva Bertram, Geschäftsführerin der Stiftung Jeder Mensch e.V. und Julia Haas, Expertin für internationales Recht und Menschenrechte stellten Schirachs Forderung nach neuen europäischen Grundrechten vor, die den neuen Herausforderungen auch hinsichtlich der Digitalisierung gerecht werden müssen. Sie stellten im Anschluss die Frage, wie eine zivilgesellschaftliche Aktivierung und Kontrolle der Digitalisierung gelingen könne.
Bischof Scheuer über die Hoffnung in der Orgelempor
Stifts-Organist Ikarus Kaiser empfing das Expeditionsteam mit eindringlicher Orgelmusik, die auf den Impuls von Bischof Scheuer einstimmte. Der Bischof sprach über die Optimierung des Menschen und ein sich veränderndes Bild von Glück, einem sinnvollen Leben, von Gesellschaft und Beziehungen. Was stellt die Digitalisierung mit uns an? „Entscheidend ist, was wir daraus machen“, so Scheuer.
Abschließend gab Ikarus Kaiser ein Orgelstück zum Besten, bevor das Team in den letzten Raum vor der Mittagspause aufbrach.
Czernohorszkys gibt im Schalenraum Wissen weiter
Die Leiterin der Digital Services der Wirtschaftsagentur Wien teilte im Schalenraum des Stiftsmuseums ihre Gedanken zu einem humanistischen Digitalisierungsweg von Unternehmen. Sie hinterfragte bereits Gehörtes und wollte von den Zuhörenden wissen, wie jede/r im eigenen Aktionsradius im Sinne eines Digitalen Humanismus ins Tun kommen könne?
Audienz für Schüler:innen des Stiftsgymnasiums
Im Audienzsaal, wo früher die Audienzen des Abtes stattfanden, wird nun jährlich die mündliche Matura des Stitftsgymnasiums abgehalten. Vor dem Mittagessen trugen zwei Schüler:innen des Gmynasiums und Weggefährt:innen der Expedition die im Vorfeld eruierten Fragen ihrer Mitschüler:innen vor. Denn, vor allem die Perspektive und die Fragen der Jungen sei wesentlich für die Gestaltung einer humanistischen Zukunft.
FASresearch-Prozess im Palmenhaus
Nach einem intensiven Vormittag „des Zuhörens“, zogt die Expedition weiter ins Palmenhaus. Hier setzten Harald Katzmair und Valerie De-Icco Streibel von FASresearch den Kurs für den Nachmittag. Sie teilten das Expeditionsteam auf und sandten sie zurück in die Impulsräume, um nach den drängendsten Fragen zu suchen. Dort hatten die Teilnehmenden Zeit für einen längeren Gedankenaustausch.
Später wurden die Fragen im Palmenhaus gelistet und mittels dem Bewertungstool SituationRoom von FASresearch gewichtet und in eine Status Map gebracht.
Die Ergebnisse der Expedition werden nun analysiert und sollen in kommenden Veranstaltungsformaten weiter ausgeführt werden. Ziel ist es, das Expeditionsteam auch zukünftig, als Wissensvermittler, sozusagen als „Apostel des Digitalen Humanismus“ einzubinden.
Expeditions-Talkrunde und Vortragsabend „True Facts“
Am Abend lud die Initiative zur Talkrunde. Die Expeditionsteilnehmer:innen Steffi Burkhart, Harald Katzmair, Walter Palmetshofer, Anna-Sophie Standl und Ines Weber teilten ihre Erfahrungen mit dem Publikum.
Im Anschluss gab Katharina Nocun in ihrem Vortrag „True Facts – Was gegen Verschwörungserzählungen wirklich hilft“ ihr Wissen weiter und lieferte konkrete Tipps im Umgang für und mit Betroffenen.
Proklamation am Sonntag
Nach Freitag und Samstag, stand auch die von Abt Reinhold Dessl gestaltete Sonntagsmesse in der Stiftskirche Wilhering im Zeichen des Digitalen Humanismus. Danach folgte im Benediktsaal des Stiftes ein „World Café“, bei dem Interessierte die Möglichkeit hatten, sich über die Expedition und die Initiative zu informieren.
Die GRAND GARAGE Linz, eine offene Innovationswerkstatt in der Tabakfabrik und einer der größten Makerspaces in Europa präsentierte die Möglichkeiten des 3D-Drucks. Ein Roboterarm der Firma Brutec zeichnete nach Vorgabe des Medienkünstlers Viktor Weichselbaumer von Yokai Studios Bilder und Erinnerungsstücke des Expeditionswochenendes.
Startschuss für das Forum Humanismus Wilhering
Die erste Expedition für Digitalen Humanismus ist geglückt und hat einen bleibenden Eindruck bei allen Teilnehmenden und Mitwirkenden hinterlassen. Sie war der Startschuss für die Initiative „Forum Humanismus Wilhering“ und gilt als richtungsweisend für kommende Inhalte und Veranstaltungen.